Reto Baumgartner – Hohe Uhrmacherkunst Made in Switzerland

Wer im Ausland an die Schweiz denkt, assoziiert sie sofort mit Schokolade und Uhren. Auch Eigenschaften wie Präzision und hohe Qualitätsstandards werden als typisch schweizerisch empfunden. Das dürfte an der Uhrenindustrie liegen, die ihren Ursprung in den unwirtlichen Bergen der französischen Schweiz hat. Auf den abgelegenen Bauernhöfen hatten die Bauern im Winter wenig zu tun und fingen an Uhrwerke herzustellen. Ein Handwerk, das sie immer weiter präzisierten. Seit dem 17. Jahrhundert dominieren Schweizer Uhrmacher den Weltmarkt. 

Immer wieder musste die Schweizer Uhrenindustrie auch Krisen überwinden, wie etwa bei der Erfindung der Quarzuhr in den 70er Jahren. Heute ist es die Tatsache, dass immer mehr Menschen die Uhrzeit auf dem Handy ablesen, die den Uhrmachern Sorge bereitet. Aber auch die sogenannten Funktionsuhren, auf denen man sich 24 Stunden selber beobachten kann und vom Schrittzähler über den Herzschlag bis zum Schlafrhythmus alles abmisst.

Doch wir sind überzeugt, dass sich die mechanischen Uhr nach wie vor gegen die Massenware behaupten wird. Denn was die Ästhetik betrifft, ist eine mechanische Uhr einzigartig und unübertroffen. Sie ist ein Statement von Eleganz, Stil und Geschmack. Keine Lady, kein Gentleman ohne Armbanduhr. Eine schöne Uhr ist unwidersprochen die poetischste aller Alltagsgegenstände und weit mehr als nur ein nützlicher Zeitmesser, ein Träger von Erinnerungen und Geschichten. Das Ticken einer Uhr hat etwas Geheimnisvolles und das Aufziehen ist ein beruhigendes Ritual, dass das Tempo des Alltags für einen kurzen Moment entschleunigt. 

Zweifellos sind Traditionsuhren eigentliche Schmuckstücke, die uns etwas über den Status, aber auch den Stil, den Geschmack und sogar die Interessen des Besitzers verraten.

Für uns sind schöne Gegenstände wie Uhren kein leerer Luxus, sondern im Gegenteil, sinnvoll und nachhaltig, da sie von Generation zu Generation weitergegeben, liebevoll gehegt, gepflegt und repariert werden. Sie sind daher immer auch eine Investition in die Zukunft.

Ein Gegenstand, der über unzählige Stunden mit Geduld und Liebe zum Detail von Menschenhand hergestellt wurde, hat Seele. Etwas, was keine Funktionsuhr - und sei sie technisch noch so perfekt - uns je geben kann.

Einer der Uhren nicht nur liebt und sich auskennt, sondern sich die Uhrmacherkunst zu Eigen gemacht hat, ist Reto Baumgartner. Seit 2015 führt Reto Baumgartner sein Kleinunternehmen als Uhrmacher im bernischen Aarberg. Er widmet sich mit Passion dem Handwerk, das traditionelles Wissen und modernste Technik auf höchstem Niveau vereint. Mit seinem kleinen engagierten Team entwickelt er Kreationen, die den Alltag verschönern. Neben den mechanischen Uhren stellt das Atelier auch Uhren nach Maß her, bei der man sich seine ganz individuelle Anfertigung kreieren kann. Wir sind begeistert von der Leidenschaft mit der Menschen wie Reto Baumgartner ein schwierig gewordenes Handwerk beharrlich weiterführen und sich voll und ganz der Qualität ihres Produktes verschrieben haben. Das Ergebnis sind Uhren, die so schön wie zeitlos sind. Sie verkörpern all das, wofür die Schweiz und ihre Uhren seit jeher berühmt sind. Der Erfolg der Baumgartner Uhren spricht für sich. Lesen sie das faszinierende Interview mit einem der letzten Uhrmacher der Schweiz.

P&T: Seit wann interessieren Sie sich für Uhren und was glauben Sie war dafür auschlaggebend?

 

Ich habe mir mit 23 die erste mechanische Uhr geleistet und da habe ich mich mit dem Uhrenvirus infiziert.

Für mich ist es faszinierend, dass man in der Lage ist, mechanisch die Zeit so präzise zu erfassen. Für mich wird mit einem mechanischen Uhrwerk der doch eher abstrakte Begriff „Zeit“ greifbar und visibel.

 

P&T: Wir leben in einer Zeit großer Wandlungen - Wie hat sich ihrer Meinung nach die Uhrenindustrie in den letzten Jahren geändert und wie sehen Sie die Zukunft?

 

Einerseits hat sich die Uhr von einem alltäglichen Helfer die Zeit zu messen zu einem Status- oder Lifestyle-Objekt gewandelt.

Andererseits ist die Uhrenindustrie mit dem Aufkommen der SmartWatches gefordert. Dabei stehen nicht primär die erweiterten Funktionen einer SmartWatch im Vordergrund, sondern viel mehr die Tatsache, dass damit branchenfremde Großunternehmen wie Apple, Samsung, etc. in den Uhrenmarkt drängen.

 

Ich kann mir vorstellen, dass insbesondere Quarzuhren in der Preislage von CHF 100.-- - 500. —von den SmartWatches arg bedrängt werden. Sie bekommen mehr Funktionalität für das gleiche Geld. Die mechanische Uhr wird noch vermehrt Status- oder Lifestyle Objekt werden. Ich trage eine Uhr, weil ich damit ein Statement machen will und nicht mehr zum Zeit ablesen.

P&T: Sie haben auf eine gutbezahlte Stelle verzichtet um Uhrmacher in selbständiger Tätigkeit zu werden. Wie zufrieden sind sie Rückblickend mit dieser Entscheidung? 

 

Sehr. Ich habe mir damit einen Traum verwirklicht und kann jetzt mit einem Produkt arbeiten, für das ich eine große Passion hege.

 

P&T: Klassische Uhren sind oft auch Schmuckstücke, moderne Uhren eher kleine Roboter, die alles können. Wie sehen Sie diese Entwicklung? Wie wird die Uhr der Zukunft ihrer Meinung nach aussehen?

 

Ich denke, es wird auch in Zukunft sowohl die kleinen Roboter wie auch die mechanische Uhr geben. Steht die Funktionalität im Vordergrund, wird der Kunde, die Kundin eine SmartWatch kaufen. Ist die Emotionalität, die Freude an der Technik oder schlicht und einfach der Wunsch nach einem Schmuckstück und nach einer Uhr mit „Seele“ im Vordergrund, werden Sie eine mechanische Uhr kaufen.

 

P&T: Eine Uhr kann etwas Besonderes und Wertvolles sein das man von Generation zu Generation weitergibt. Werden Uhren Ihrer Meinung diesen Status behalten oder ein reine Nutzobjekte werden, die man in Handys einbaut?  

 

Nein, diesen emotionalen Wert werden die Uhren behalten. Wir habe heute viele Kundinnen und Kunden, die mit der Uhr ihrer Mutter, ihres Vaters oder der Großmutter zu uns kommen, um sie reparieren zu lassen. Die Uhr hat oftmals einen sehr geringen materiellen Wert, aber der emotionale Wert ist sehr groß. Es ist doch sehr tröstend, wenn man die Uhr seines Großvaters am Handgelenk tragen kann und weiß, dass diese ihn bereits durch seine Leben begleitet hat.

 

P&T: Zeit zu haben wird für viele Menschen als Luxus empfunden. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Zeiträuber? 

 

Das Smartphone. Es ist erschreckend, wie viel Zeit wir mit diesen Geräten verbringen. Ich denke, dass wir hier noch einen effizienteren Weg im Umgang mit diesen Geräten finden müssen.

 

P&T: Gibt es Momente in denen Sie keine Uhr bei sich haben, weil sie bewusst die Zeit vergessen wollen?

 

Nein, ohne Uhr bin ich vollkommen nackt. Ich liebe es aber, dem Tick-Tack einer Uhr zuzuhören und dabei die Zeit zu vergessen.

P&T: Wie sieht ihre Uhrensammlung aus und auf welche Exponate sind sie besonders stolz?

 

Meine Uhrensammlung hat sich stark gewandelt. Zu Beginn habe ich Uhren wie IWC, Blancpain, Rolex etc. gesammelt. Heute habe ich vor allem Uhren mit besonderen Uhrwerken in der Sammlung. Besonders stolz bin ich auf den ewigen Kalender von Omega, welche in einer Auflage von 50 Stk. anlässlich des 700-jährigen Geburtstags der Schweiz im Jahr 1991 für den japanischen Markt gebaut wurde.

 

P&T: Was sagt eine Uhr über die Persönlichkeit des Trägers, der Trägerin aus?

 

Für mich sehr viel. Vielfach lässt sich der Träger oder die Trägerin mit der jeweiligen Markenbotschaft der getragenen Uhr in Einklang bringen. So haben zum Beispiel Träger von Breitling-Uhren oftmals ein Faible für die Fliegerei.

Für mich sind aber Personen interessant, die Uhren von kleinen Manufakturen wie Oris, Ulysse Nardin oder Fortis tragen. Diese Leute haben sich meistens sehr intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, welche Uhr wirklich zu Ihnen passt und diesen Kauf auch sehr bewusst getätigt.

 

P&T: Was inspiriert Sie beim Entwickeln Ihrer Kollektionen? Gibt es Uhrmacher oder Marken die sie inspirieren?

 

Jein. Für mich gibt es drei Grundsätze, die ich respektiere. Die Uhr ist rund, hat ein mechanisches Werk und „weniger ist mehr“. Daraus hat sich die DNA einer RB Baumgartner Uhr ergeben. Das Modell „Tool“ ist ein typisches Modell für die DNA von RB Baumgartner

 

P&T: Gibt es Kunstsparten wie Design, Malerei oder Architektur, bei denen Sie sich Ideen holen oder von denen sie sich beeinflussen lassen?

 

Ja und Nein. Ich lasse mich nicht konkret von einer Strömung beeinflussen, aber das Gesehene, Erlebte, Gefühlte fließt in einer Form immer in das Design ein. Was ich jedoch spannend finde, ist die Zusammenarbeit mit anderen Sparten. So haben wir mit einer lokalen Künstlerin das Zifferblatt einer Uhr mit Siebdruck gestaltet.

 

P&T: Uhren bestehen aus unzähligen Einzelteilen. Wie kostenintensiv ist das Material und wo kommt das Material her?

 

Die Kosten hängen grundsätzlich von drei Faktoren ab. Das verwendete Material (Stahl, Gold, Platin, etc.), die Komplikationen des Uhrwerks und die produzierte Stückzahl. Wir produzieren eher teurer, da wir nur kleine Serien herstellen.

Unsere Lieferanten sind größtenteils in der Schweiz angesiedelt.

 

P&T: Worauf achten Sie bei der Herstellung besonders?

 

Wir versuchen unsere Uhren immer möglichst einfach und funktional zu bauen und so mögliche Quellen für Probleme im vorhinein zu vermeiden. Bei der Produktion (wir bauen unsere Uhren selber) achten wir darauf, mit systematischen Qualitätskontrollen mögliche Fehler umgehend zu entdecken und zu beheben.

 

P&T: Für viele moderne Designer gilt nach wie vor das Konzept „less is more“. Liegt dieses Konzept auch Ihren Kreationen zugrunde?

 

Ja, das ist ein Grundprinzip unserer Uhren. Ich finde, dass die Uhren der 50iger und 60iger Jahre des letzten Jahrhunderts ein klares, reduziertes Design aufgewiesen haben. Das gefällt mir sehr. Wir haben nun versucht, diese Idee ins 21. Jahrhundert zu transportieren und haben so unsere Produktelinien „Handcraft“, „Tool“ und „Process“ geschaffen.

 

 P&T: Was schätzen die Kunden an Reto Baumgartner Uhren besonders?

 

Nebst dem zeitlosen Design und der Freude an mechanischen Uhrwerken schätzen die Kundinnen und Kunden besonders, dass sie eine handgemachte Schweizer Uhr zu einem vernünftigen Preis erhalten.

Was ebenfalls sehr beliebt ist, ist die Möglichkeit, dass die Kundinnen und Kunden ihre auch selber zusammenbauen können. Der Event dauert einen Tag, ein Uhrmacher betreut einen Kunden/eine Kundin. Am Morgen führen wir unseren Gast in die Grundlagen der Uhrmacherei ein, in dem wir ein Handaufzugswerk demontieren und dann wieder montieren. Am Nachmittag bauen wir dann gemeinsam ihre/seine Uhr. Ein tolles Erlebnis!

 

P&T: Was bedeutet für Sie persönlich Luxus?

 

Zeitautonomie; d.h., dass ich selber über meine Zeit bestimmen kann.

 

P&T: Warum ist gerade die Schweiz ein so berühmtes Uhrmachermacherland?  

 

Das hängt mit der Geschichte der Uhrmacherei zusammen. Der Beginn der Uhrmacherei geht ins 17. Jahrhundert zurück. Im Neuenburger und Berner Jura begannen die Bauern besonders im Winter mit der Herstellung von Bestandteilen für die damals primär noch in Frankreich beheimatete (Groß-) Uhrenindustrie. So wurde das Wissen in den Jurabogen gebracht und daraus entstanden die noch heute bekannten Uhrenfirmen wie Tissot, Breguet, Longines, etc.

P&T: Was ist das Besondere und Einzigartige an den Uhren von Reto Baumgartner?

 

Das Herzblut und die Freude, mit der die Uhren gebaut wurden. Unsere Kundinnen und Kunden bekommen mit, mit wie viel Passion wir unsere Uhren bauen und sie wissen, wer ihre Uhr gebaut hat.

 

 P&T: Was würden Sie heute einem jungen Menschen, der Uhrenmacher werden will, raten?

 

Das ist eine schwierige Frage. Aus Sicht des Herzens würde ich ihm mit voller Freude und Überzeugung raten, diesen tollen Beruf zu wählen. Die wirtschaftliche Realität ist aber, dass die großen Uhrenkonzerne aufgrund der fortschreitenden Automatisierung keine gelernten Uhrmacher mehr benötigen. Die heute noch unabhängigen Uhrmacher bekommen von den gleichen Uhrenkonzernen keine Ersatzteile mehr und es ist somit eine Frage der Zeit, bis es den Uhrmacher, wie wir ihn gekannt haben, nicht mehr geben wird. Auf der anderen Seite wird es immer kleine Manufakturen geben, die noch Uhrmacher benötigen und das Handwerk der Uhrmacherei weiter pflegen. Ich bin überzeugt, dass die traditionelle Uhrmacherei so überleben wird, aber es wird viel weniger Uhrmacher brauchen als heute.